CGB > Archiv > Stellungnahmen > Leseansicht

Stellungnahmen

Position des CGB zu Werkverträgen

Werkverträge ja - aber nur zu klar geregelten fairen, sozialen Bedingungen und ohne Missbrauch

I.                Sachstand

Werkverträge sind ein regulärer Weg, die Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung an externe Unternehmen zu vergeben, die ihrerseits leistungsgerechte Entgelte bezahlen und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze bereitstellen. Dies schafft Beschäftigung und hat seine Daseinsberechtigung: Faire Werkverträge sind ein wichtiger Bestandteil des Wirtschaftslebens.

Immer häufiger werden jedoch Werkverträge als betriebliches Instrument der Personalflexibilisierung mit der Zielsetzung eingesetzt, Stammarbeitsplätze zu reduzieren, Lohnkosten zu sparen und den sozialen Schutz der Beschäftigten zu unterlaufen sowie die Mitbestimmungsrechte zu umgehen.

Diese Auslagerung von in der Regel einfachen, aber personalintensiven Tätigkeiten an Subunternehmer über das Instrument des Werkvertrages findet zunehmend auch im Einzelhandel statt. Die beauftragten Werkvertragsunternehmen sind meist nicht tarifgebunden und zahlen daher wesentlich niedrigere Löhne als die Auftraggeber (Werkbesteller). In diesen Fällen wird ein eigenständiges Werk/Dienstleistung (als wesentliches Element des Werkvertrages) von beiden Seiten (vermeintlicher Werkunternehmer sowie vermeintlicher Werkbesteller) nur „zum Schein“ konstruiert. Dies ist ein klarer Rechtsverstoß und stellt einen Missbrauch des Instruments des Werkvertrages dar. Dieser Missbrauch ist zu unterbinden.

Verstärkt wird die Problematik dadurch, dass zahlreiche Zeitarbeitsfirmen mittlerweile alternativ neben der klassischen Arbeitnehmerüberlassung ihren Kunden auch Modelle von Werkvertragsarbeit anbieten. Viele Firmen versuchen dabei, das AÜG zu umgehen, indem sie unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung in das rechtliche Gewand eines Werkvertrages zu kleiden versuchen. Zeitarbeit wird damit in immer größerem Maße durch Werkverträge ersetzt, um Arbeitsleistung unter dem in der Zeitarbeit gültigen gesetzlichen Mindestlohn anbieten zu können. Arbeitnehmerüberlassung ist für diverse Zeitarbeitsunternehmen nur noch Ultima Ratio, unter anderem für Bereiche, in denen der Nachweis einer Tarifbindung zur Akquirierung von Aufträgen erforderlich ist.

Zusätzlich erfolgt die Auslagerung von Arbeitsplätzen auch durch Werkverträge mit freien Mitarbeitern, Honorarkräften und Soloselbstständigen. Weil Werkverträge keine Arbeitsverträge sind, entfällt auch jegliche sozialversicherungspflichtige Absicherung dieser Personen. Dieses ist eine bedeutsame Ursache der von Politik lauthals prognostizierten Altersarmut und der fehlenden Krankenversicherung. Es ist daher dringend geboten, diese Form von Werkverträgen in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen, soweit sie überhaupt von der Sache her den Kriterien eines Werkvertrages entsprechen.

Es besteht aus Sicht des CGB dringender Handlungsbedarf, um die missbräuchliche Verwendung von Werkverträgen zu unterbinden. Die Umgehung gesetzlicher Standards über Werkverträge birgt die Gefahr, dass andere Unternehmen, um im Wettbewerb bestehen zu können, ebenfalls zu diesen Praktiken übergehen. Hierdurch werden bestehende soziale Standards untergraben und die Chancen der Beschäftigten auf existenzsichernde Löhne zunichte gemacht.

II.            Abgrenzung

In der Theorie lassen sich Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und Werkvertrag einfach abgrenzen. In der Praxis ist die Abgrenzung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zum Werkvertrag häufig schwierig und bewegt sich juristisch in einer Grauzone. Die Abgrenzungsproblematik hat weiter zugenommen, worauf nicht zuletzt die Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen hinweisen.

Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat die Bundesagentur für Arbeit in einer Geschäftsanweisung zum AÜG zwar einen Kriterienkatalog erarbeitet, der die Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung erleichtern soll. Problematisch ist jedoch, dass es kein einzelnes Kriterium gibt, dessen Vorliegen zwingend für oder gegen einen Werkvertrag spricht. Maßgeblich ist vielmehr eine qualitative Gewichtung aller Abgrenzungskriterien im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung. Dies erschwert die Abgrenzung zwischen unechten Werkverträgen und Zeitarbeit und schafft in der Grauzone Raum für Missbrauch.

Werkvertrag

Nach der gesetzlichen Definition wird der Unternehmer zur Herstellung eines versprochenen Werkes (Dienstleistung oder Produkt), der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Wesentliches Merkmal eines Werkvertrages ist, dass der Werkunternehmer ein Werk / Projekt mit eigenen Arbeitskräften und Arbeitsmitteln erstellt, für Mängel am Werk haftet und selbst bestimmt, wie es erstellt wird. Das bedeutet, er ist zuständig für den Einsatz von Beschäftigten und diesen weisungsberechtigt (in Ausübung seines Direktionsrechts).

Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerüberlassung liegt nach der Rechtsprechung des BAG vor, wenn ein Unternehmer (der Verleiher) einem anderen Unternehmer (dem Entleiher) Arbeitskräfte zur Verfügung stellt, die der Entleiher nach seinen Vorstellungen und Zielen wie eigene Arbeitnehmer einsetzt. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeit allein nach dessen Weisungen aus.

III.           Handlungsoptionen – Zielsetzung: Missbrauch von Werkverträgen verhindern

Klare gesetzliche Definition und Abgrenzung

Gegenwärtig existiert ein umfassendes, aber nicht nur für den Laien undurchsichtiges Richterrecht, jedoch keine klaren und eindeutigen gesetzlichen Regelungen. Eine in der Theorie klare Abgrenzung wird durch atypische Gestaltungsformen erschwert, die in der Praxis weit verbreitet sind. Dies erschwert die Abgrenzung zwischen Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung.

Dazu kommt, dass nach gegenwärtiger Rechtslage die Darlegungs- und Beweislast bei den Arbeitnehmern liegt, die geltend machen und im Zweifel beweisen müssen, dass Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Dies ist den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht nur nicht zuzumuten, sondern schlichtweg unmöglich.

Der CGB hält eine klare gesetzliche Abgrenzung zwischen Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung sowie eine Umkehr der Beweislast für unabdingbar. Die Beweislast für das Vorliegen eines echten Werkvertrages muss beim Werkvertragsunternehmer liegen; kann der Nachweis nicht erbracht werden, ist von Arbeitnehmerüberlassung auszugehen. Wegen der Sachnähe sollte eine Abgrenzung und gesetzliche Definition der Vermutungskriterien auch im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verankert werden.

Verstärkung der Kontrollen

Die Praxis hat gezeigt, dass üblicherweise Kontrollen überhaupt nicht stattfinden und Missstände häufig unentdeckt bleiben. Der CGB empfiehlt daher, den Aufgabenkatalog der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Bundeszollverwaltung in § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) um die Prüfaufgabe der Abgrenzung zwischen Werkvertrag und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung zu erweitern.

Voraussetzung dafür ist, dass die FKS personell und finanziell entsprechend ausgestattet wird, um ein besonderes Augenmerk auf die Ermittlung von Scheinwerkverträgen und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung legen zu können.

Zudem empfiehlt der CGB bei der FKS eine Beschwerdestelle einzurichten, an die sich die Arbeitnehmer und Betriebsräte unbürokratisch und anonym wenden können und die Hinweisen bei substantiiertem Verdacht des Missbrauchs nachgehen muss.

Mitbestimmung der Betriebsräte ausbauen

Der CGB fordert, die Regelungen zur zwingenden Mitbestimmung im BetrVG und den Personalvertretungsgesetzen auszuweiten. In diese Gesetze müssen Regeln über die Mitbestimmung bei Vergabe von Aufgaben an Fremdfirmen eingefügt werden. Der steigende Einsatz von Werkverträgen stellt die Betriebs- und Personalräte in  Deutschland vor die gleichen großen Herausforderungen wie seinerzeit bei der Ausweitung der Zeitarbeit. Bei Änderung des AÜG hatte der Gesetzgeber folgerichtig erkannt, dass neue Arbeitsformen einer entsprechenden Anpassung in Betriebsverfassung und Personalvertretung bedürfen. Gleiches gilt selbstverständlich für die Ausweitung der Werkvertragsstrukturen als neue Arbeitsform in den Betrieben und Verwaltungen. Auch hier muss den Betriebs- und Personalräten das entsprechende Handwerkszeug an die Hand gegeben werden.

Betriebs- und Personalräte können nur dann ein Garant für die Verhinderung von Missbrauch der Werksverträge sein, wenn ihnen die den Missbrauch verhindernden Rechte zur Verfügung stehen. Inzwischen ist das eine Selbstverständlichkeit für den Einsatz von Zeitarbeitnehmern; es muss auch eine Selbstverständlichkeit für den Einsatz von Werkverträgen werden.

Anwendungsbereich von Tarifverträgen ausweiten

Wie im Bereich der Zeitarbeit ist auch für den Bereich der Werkvertragsarbeit eine Form des equal payment / equal treatment zu finden. Dies gilt vor allem für die soziale Absicherung von selbstständigen Honorarkräften und so genannten Soloselbstständigen, die auf eigenes Risiko arbeiten.

Eine mögliche Lösung dieser Problematik kann in der Ausweitung der im Einsatzbetrieb geltenden tariflichen Regelungen auf eben diese Personengruppe liegen. Dies berücksichtigt auch den Grundsatz der Tarifautonomie.

Einführung flächendeckender gesetzlicher Mindestlöhne

Eine flächendeckende gesetzliche Lohnuntergrenze, wie sie vielleicht in absehbarer Zeit kommen wird, löst nur einen Teil des Problems. Zwar wird damit ein Mindesteinkommen realisiert, was letztlich den abhängig Beschäftigten in den Werkvertragsunternehmen zu Gute kommt, da sie arbeitsrechtlich „Arbeitnehmer“ sind; sie befinden sich daher im sozialen Sicherungssystem. Nach wie vor fallen Selbstständige, Honorarkräfte und freie Mitarbeiter die über Werkverträge beschäftigt sind, durch das Raster. Zu der Lohnuntergrenze muss damit eine verpflichtende Beteiligung dieser Personengruppe an den Sozialsystemen treten.

Alternative / Maximalforderung:

Der Gesetzgeber ist aufgefordert, die Substitution vom Stammbeschäftigten durch Werkvertragsstrukturen und Auslagerung auf Subunternehmer und /oder Einzelpersonen über Werkverträge per Gesetz zu untersagen und zu sanktionieren.

Gespräche mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wie auch (inoffiziell) mit Arbeitgebern aus der Zeitarbeitsbranche haben gezeigt, dass die überwiegende Anzahl der in diesem Bereich tätigen Unternehmen insoweit zweigleisig fahren, als das die sowohl eine Zeitarbeits- als auch eine Werkvertragssparte unterhalten.

Dieser Entwicklung kann nur dann Einhalt geboten werden, wenn diese Praxis rigide gesetzlich unterbunden wird. Dies ist sowohl die unkomplizierteste wie auch die wirksamste Methode, den Missbrauch zu verhindern. 

Zurück

CGB > Archiv > Stellungnahmen > Leseansicht

Gedruckt am 24.04.2024 23:58.