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Kommentar Matthäus Strebl: Plädoyer für Tarifpluralität - Grundgesetz will keine Einheitsgewerkschaft

Die Tarifpluralität darf nicht auf dem Altar einer „Großen Koalition“ geopfert werden. Diesen Appell hat der Bundestagsabgeordnete Matthäus Strebl, CSU, an die Verhandlungsführer von CDU/CSU und SPD gerichtet. Die in den vor dem Abschluss stehenden Koalitionsverhandlungen sich abzeichnende Übereinstimmung, den Grundsatz der Tarifeinheit nach dem Motto: „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ gesetzlich festzuschreiben,müsse strikt abgelehnt werden. Sie würde den Beschäftigten eines Betriebs vorschreiben, dass nur eine Gewerkschaft Tarifverträge mit den Arbeitgebern aushandeln dürfe. Eine derartige Tarifeinheit aber würde einen massiven, grundgesetzwidrigen Eingriff in die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz bedeuten.

Der Bundestag müsse allen Versuchen entschieden begegnen, die Tarifpluralität gesetzlich einzuschränken. Strebl, der auch Bundesvorsitzender des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB) ist, verwies darauf, dass sich die seit über einem Jahrzehnt praktizierte Tarifpluralität mit wenigen Ausnahmen bewährt habe. Heute gebe es rund 25 Fachgewerkschaften von der Apothekergewerkschaft ADEXA über die Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger bis zum Verband Deutscher Straßenwärter. Wenn nur einige Dutzend gewerkschaftlich organisierte Vorfeld-Beschäftigte einen Flughafen lahmlegen und den internationalen Luftverkehr durcheinander bringen könnten, dann stelle sich aber lediglich die Frage nach dem Verantwortungsbewusstsein der Verantwortlichen. In keinem Fall jedoch dürfe die Existenzberechtigung solcher Interessensvertretungen bezweifelt werden. Hier gelte es, den Anfängen zu wehren, mahnte Strebl. Generell gebe es weder einen signifikanten Anstieg der Streiktage in Deutschland, noch eine Erosion der Tarifautonomie. Es sei in diesem Zusammenhang geradezu aberwitzig, wenn auf der einen Seite Vertreter der DGB - Gewerkschaften für den Erhalt der Tarifautonomie plädierten, sie aber selbst im Zusammenhang mit der Festlegung eines bundesweiten Mindestlohns aufgeben und in die Hände der Politik legen wolle.

Eindringlich plädiert Strebl für den Erhalt der Tarifautonomie, aber auch für die Gewerkschaftsvielfalt. Das Grundgesetz gewährleiste ohne Einschränkungen „für jedermann und für alle Berufe“ die freie Koalitionsausübung. Deshalb ist ein Angriff auf diese Koalitionsfreiheit auch ein Angriff auf das Grundgesetz, betont Strebl. Es werde ständig vom „mündigen Bürger“ gesprochen. Wenn man diesem „mündigen Bürger“ aber nicht mehr zutraue, sich selbst ein Bild über die Interessenvertretungen der Arbeitnehmerschaft zu machen, dann werde der Begriff ad absurdum geführt und der Bürger entmündigt.

Wenn den Gewerkschaften des DGB in den vergangenen Jahren die Mitglieder davongelaufen seien, dann liege das offensichtlich an dessen einseitiger ideologischer Ausrichtung und an einer Gewerkschaftspolitik, die in das Zeitalter der Industrialisierung gepasst habe, aber nicht mehr in das 21. Jahrhundert. Tatsache sei, dass sich die
Zahl der DGB-Mitglieder seit ihrem Höchststand von fast zwölf Millionen Mitgliedern 1991 nahezu halbiert habe. Es sei Sache der DGB-Einzelgewerkschaften, neue Antworten auf heutige Herausforderungen zu geben. In keinem Fall aber könne es angehen, dass der Staat selbstständige Gewerkschaften außerhalb des DGB in ihrer Arbeit behindere oder gar ausschalte und damit einer Einheitsgewerkschaft den Weg bahne. Mit solchen Einheitsgewerkschaften seien zu keiner Zeit und in keinem Land und in Deutschland schon gar nicht gute Erfahrungen gemacht worden. Der CGB mit seinen 14 Einzelgewerkschaften vertrete die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ebenso wirksam, teilweise wirksamer, da der Organisationsgrad in den Betrieben und Einrichtungen des öffentlichen Dienstes zum Teil weitaus höher sei als der des DGB.

Matthäus Strebl, MdB
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