CGB > Archiv > Stellungnahmen > Leseansicht

Stellungnahmen

Neues Infoblatt - Rechtliche Regelungen von Tarifverträgen

Was ist ein Tarifvertrag und wer schließt Tarifverträge ab?

Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen einer oder mehreren Gewerkschaften und einer Arbeitgebervereinigung (z.B. Bundesoder Landesinnung oder Arbeitgeberverband) beziehungsweise einem einzelnen Arbeitgeber. Er regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen. Tarifverträge bedürfen grundsätzlich der Schriftform.

Tarifgebundenheit

Tarifgebunden sind nach § 3 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz nur die jeweiligen Mitglieder der tarifschließenden Parteien. Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet. Für die Geltung von Regelungen zu betriebsrechtlichen Fragen genügt die einseitige Tarifbindung des Arbeitgebers. Hierunter fallen die allgemeine betriebliche Ordnung wie zum Beispiel Arbeitsort, Arbeitszeitverteilung und ähnliches.

Günstigkeitsprinzip

Das Günstigkeitsprinzip ist ein von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelter Rechtsgrundsatz. Er besagt, dass, zum Schutz der Arbeitnehmer, im Falle überschneidender Rechtsnormen die für den Arbeitnehmer günstigeren Regelungen zur Anwendung kommen. Beispiel: Ist im Arbeitsvertrag keine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen vereinbart, sind im Tarifvertrag 28 Werktage vorgesehen und im Bundesurlaubsgesetz 24 Werktage festgelegt, so besteht zwar der gesetzliche Anspruch nach Bundesurlaubsgesetz, dieser wird jedoch aufgrund des Günstigkeitsprinzip von den tarifvertraglich geregelten 28 Werktage zu Gunsten des Arbeitnehmers verdrängt.

Tarifvertrag und Arbeitsvertrag

Das Verhältnis zwischen tarif und arbeitsvertraglichen Regelungen ist in § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz geregelt. Danach sind den Arbeitsvertragsparteien Abweichungen von den zwingenden Normen eines Tarifvertrags nur dann erlaubt, wenn entweder die arbeitsvertragliche Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist oder der Tarifvertrag selbst eine Öffnungsklausel enthält. (Ausnahme: Im Falle eines Betriebsübergang wird das Günstigkeitsprinzip durch § 613 a BGB ersetzt.)

Welche Regelung ist günstiger?

Beim Günstigkeitsvergleich ist immer auf das individuelle Interesse des einzelnen Arbeitnehmers abzustellen und nach objektiven Kriterien zu bewerten (Gesamtinteressen der Belegschaft sind nicht maßgebend). Nicht relevant ist das subjektive Urteil des Betroffenen.

Merke: Auf das Günstigkeitsprinzip berufen kann sich nur der Arbeitnehmer, nicht aber der Arbeitgeber!

Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln

Viele Arbeitsverträge enthalten sogen. Verweis- oder Bezugnahmeklauseln auf einen oder mehrere Tarifverträge. Die Bezugnahmeklausel sorgt dafür, dass Regelungen aus einem Tarifvertrag auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis angewendet werden, auch wenn der Arbeitnehmer nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist.

Diese Bezugnahme gibt es in einer einfachen „statischen Form“, also die Bezugnahme auf den aktuell geltenden Tarifvertrag, meist den Mantelund auch den Entgelttarifvertrag, sowie in einer "dynamischen Form". Bei dieser wird auf das Tarifwerk "in der jeweils geltenden Fassung" Bezug genommen, so dass auch spätere tarifvertragliche Änderungen auf das jeweilige Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

Allgemeinverbindlichkeit

Das Bundesministerium für Arbeits und Sozialordnung oder das zuständige Ministerium der jeweiligen Bundesländer kann auf Antrag einer Tarifvertragspartei einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären. Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 5 Tarifvertragsgesetz). Das bedeutet, dass der allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag für jedes Arbeitsverhältnis in seinem Geltungsbereich verpflichtend angewendet wird.

Laufzeit und Ende / Nachwirkung

Der Tarifvertrag tritt, sofern nichts anderes vereinbart ist, mit seinem Abschluss in Kraft und endet durch Zeitablauf oder Kündigung. Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen aber so lange weiter, bis sie durch eine andere Vereinbarung ersetzt werden (sogen. Nachwirkung, § 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz). Nur Gewerkschaftsmitglieder werden durch die Nachwirkung des Tarifvertrages vor Verschlechterungen geschützt!

Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband

Ein Austritt aus dem Arbeitgeberverband, mit welchem ein Verbandstarifvertrag geschlossen wurde, beendet die Bindung an den Tarifvertrag nicht. Vielmehr bleiben der ausgetretene Arbeitgeber und die Gewerkschaft bis zu dem Zeitpunkt an den Tarifvertrag gebunden, zu dem dieser durch eine Kündigung von Seiten des Arbeitgeberverbands oder der Gewerkschaft endet (§ 3 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz).

Tarifregister

Was ist einzutragen?

Beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wird ein Tarifregister geführt, in das der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung der Tarifverträge sowie der Beginn und die Beendigung der Allgemeinverbindlichkeit eingetragen werden (Bundestarifregister). Die einzelnen Bundesländer führen ebenfalls Tarifregister (Landestarifregister). Die Eintragung in das Tarifregister ist nicht Wirksamkeitserfordernis des Tarifvertrags.

Wer kann sich im Tarifregister informieren?

Das Tarifregister ist öffentlich, das heißt, jedermann kann unentgeltlich in das Tarifregister und die registrierten Tarifverträge einsehen. Das Tarifregister gibt jedoch keine Tarifverträge weiter und erteilt keine Rechtsauskünfte. Arbeitnehmer, die Gewerkschaftsmitglied sind, erhalten von ihrer Gewerkschaft regelmäßig den auf ihr Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag sowie Rechtsberatung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die unter einen für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag fallen, können zudem von einer der Tarifvertragsparteien eine Abschrift des Tarifvertrages gegen Erstattung der Selbstkosten verlangen.

Hinweispflichten des Arbeitgebers

In welcher Form muss der Arbeitgeber auf anwendbare Tarifverträge hinweisen?

Der Arbeitgeber ist gem. § 8 Tarifvertragsgesetz verpflichtet, die für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge an geeigneter Stelle im Betrieb (zum Beispiel im Personalbüro, im Sozialraum oder im Betriebsratsbüro) auszulegen. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 Nachweisgesetz verpflichtet den Arbeitgeber zudem, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen. Das umfasst den Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Verstöße des Arbeitgebers gegen das Nachweisgesetz können Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer zur Folge haben (z.B. bei Versäumung von tarifvertraglichen Ausschlussfristen).

Merke: Der Betriebsrat hat die Aufgabe, den Aushang des Tarifvertrags und selbstverständlich auch die Einhaltung der tariflichen Regelungen im Betrieb zu überwachen (§ 80 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz).

Betriebsrat und Tarifvertrag

Tarifvertragsparteien können auf Arbeitnehmerseite nur Gewerkschaften und auf Arbeitgeberseite nur Arbeitgeberverbände oder einzelne Arbeitgeber sein. Der Betriebsrat kann keine Tarifverträge abschließen (§ 2 TVG). Tarifnormen können durch betriebliche Regelungen nicht außer Kraft gesetzt werden. Dort, wo ein Tarifvertrag existiert, dürfen Entgelte und sonstige Arbeitsbedingungen nicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden (sogen. Tarifvorrang, § 77 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz). Gleiches gilt für Regelungen die üblicherweise in Tarifverträgen geregelt werden, auch wenn im Betrieb aktuell kein Tarifvertrag angewendet wird. Abweichungen sind nur möglich, wenn die Tarifvertragsparteien betriebliche Vereinbarungen zugelassen haben (sog. Öffnungsklausel).

Anders sieht es aus, wenn eine Angelegenheit der erzwingbaren Mitbestimmung gem. § 87 Betriebsverfassungsgesetz unterfällt. Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung ist in diesen Fällen dann möglich, wenn in der Angelegenheit eine abschließende gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung nicht besteht. Tarifüblichkeit ist in diesem Fall unbeachtlich.

 

Zurück

CGB > Archiv > Stellungnahmen > Leseansicht

Gedruckt am 19.04.2024 18:04.